Liebe Pilgerinnen und Pilger der „Quo vadis“-Pilgerwanderung! Liebe Schwestern und Brüder in Christus!
Pilgern tut gut! Im Whatsapp-Status einer Bekannten habe ich mitverfolgen können, wie sie 14 Tage lang auf dem österreichischen Jakobsweg gegangen ist. Natürlich waren auch viele Herausforderungen dabei, doch sie hat die Einfachheit geliebt und konnte auf dem Weg vieles innerlich verarbeiten, bedenken, Gott übergeben. Es war für sie eine gute Zeit!
Ich hoffe, dass auch der Pilgerweg von Innsbruck nach Maria Waldrast für euch eine gute Zeit war. Natürlich mit Strapazen, mit Schwächephasen, und doch gemeinsam unterwegs, mit einer Langsamkeit, auch mit Momenten der Stille. Auch Reinhold Stecher ist diesen Weg oft gegangen.
Wir alle haben eine Pilgerzeitung bekommen und den dort abgedruckten Artikel habe ich aufmerksam gelesen. Vor genau 80 Jahren in der Zeit des Nationalsozialismus wurden Wallfahrten verboten und Maria Waldrast war nicht zugänglich. Damals, 1941, war auch der 19-jährige Reinhold Stecher dabei: Er wurde bei einer friedlichen Demonstration in Maria Waldrast von der GESTAPO verhaftet. Ich finde das ein starkes Zeugnis, dass ein junger Mann für eine Sache so eintritt, dass er eigene Nachteile in Kauf nimmt, ja sogar das eigene Leben in Gefahr bringt.
Für die heutige Predigt habe ich ein Symbol und drei Begriffe mitgebracht. Das Symbol ist der Kompass. Ich habe ein Körbchen voll mitgebracht und wer will, kann nach dem Gottesdienst einen als Erinnerung an die heutige Pilgerwanderung mit nach Hause nehmen:
(1) „Orientieren“: Auf einer Wanderung und auch auf der Pilgerschaft des Lebens benötige ich Orientierungspunkte, die Halt und Sicherheit geben. Die Kompassnadel steht genau in Nord-Süd-Richtung. Die Nadel in meinem Leben muss auch immer wieder neu kalibriert werden. Woran orientiere ich mein Leben?
In der heutigen Lesung aus dem ersten Korintherbrief heißt es: „Tut alles zur Verherrlichung Gottes.“ (1 Korinther 10,31) Der Startpunkt der Pilgerwanderung war bei der Innsbrucker Jesuitenkirche. Genau dieser Satz ist das Motto des Jesuitenordens, auf Lateinisch: Ad maiorem Dei gloriam. Der Apostel Paulus lädt uns ein, vor kleineren und größeren Entscheidungen sich die Frage zu stellen: Welchen Wert hat das vor Gott? Wächst dadurch Trost? Was bedeutet das längerfristig? Fördere ich damit das Wohl möglichst vieler Menschen?
Ad maiorem Dei gloriam – Alles zur größeren Ehre Gottes: Der heilige Ignatius von Loyola, dessen Festtag wir heute feiern, hat daran all seine Entscheidungen ausgerichtet. Sein innerer Kompass war darauf kalibriert. Die Frohbotschaft Jesu hat Ignatius Orientierung gegeben.
(2) „Gehen“: Ihr seid heute sehr früh aufgestanden für den Start um 3.30 Uhr bei der Jesuitenkirche. Früh aufstehen, losstarten – das ist immer wieder neu eine Herausforderung. Es ist wichtig, dass wir den ersten Schritt tun, einfach losgehen. Das gilt für eine Pilgerwanderung aber auch für das Leben insgesamt. Nicht stehenbleiben und in der eigenen Komfortzone verharren, sondern immer wieder neu losstarten und den ersten Schritt tun.
Beim Gehen ist nicht entscheidend möglichst schnell zu sein, sondern dass die Richtung stimmt. Lieber mit einem sicheren, konstanten Schritt in die richtige Richtung als hastend in die falsche. Und hier kommt wieder der Kompass ins Spiel: Woran orientiere ich meine Gehrichtung? An Gott und seiner lebensspendenden, frohmachenden Botschaft?
(3) „Stärken“: Auf der Pilgerwanderung hier herauf nach Maria Waldrast gab es mehrere Labestationen. Wenn wir unterwegs sind und unsere Energie einsetzen, brauchen wir auch Pausen und Momente der Stärkung. Das tut einfach gut! Das kann bei der Pilgerwanderung ein warmer Tee und ein gutes Stück Brot sein. Wir brauchen auf unserem Weg durchs Leben auch Labestationen für die Seele: Das kann Musik sein, die zu Herzen geht, ein gutes Gespräch mit einem lieben Menschen, stille Momente, das Niederschreiben der eigenen Gedanken, ein inspirierendes Buch, ein Kerzlein anzünden oder ein Gebet, also Kommunikation mit Gott.
Eine bewusste, wöchentliche Labestation für die Seele ist der Sonntag als arbeitsfreier Tag, eine jährliche Labestation für Körper und Geist soll der Sommerurlaub sein.
Orientieren, gehen, stärken – das waren meine drei heutigen Begriffe. Mich fasziniert, wie der 19-jährige Reinhold Stecher bei einer friedlichen Demonstration in Waldrast Position bezogen hat gegenüber den Nazis. Auch unsere Zeit fordert, dass wir Position beziehen für all das, was Frieden und Menschlichkeit und das Leben fördert. In diesem gemeinsamen Gottesdienst dürfen wir uns von Gott dafür neu bestärken lassen. Amen.
(31.7.2021, Wallfahrtskirche Maria Waldrast, Festmesse bei der Pilgerwanderung „Quo vadis“, verwendete Stelle aus der Heiligen Schrift: 1 Korinther 10,31-11,1)