Wer ist Jesus für mich?

Grabes- und Auferstehungskirche in Jerusalem

Vor kurzem war ich mit einer Reisegruppe in Israel und Palästina. In Jerusalem habe ich mich für eine Nacht in der Grabes- und Auferstehungskirche einsperren lassen. Diese große Kirche steht dort, wo der Überlieferung nach Jesus von Nazaret vor rund 2000 Jahren gekreuzigt und ins Grab gelegt wurde und sich dann als Lebender zeigte. Warum mich einsperren lassen? Weil ich ein Gottsucher bin und einige ruhige Stunden an diesem bedeutsamen Ort verbringen wollte. Eingesperrt waren wir übrigens von 21 bis 5 Uhr und das ist für eine begrenzte Personenzahl bei Voranmeldung immer möglich. An diesem Ort und beim Lesen der Lebensgeschichte Jesu in den Evangelien kommt die Frage: Wer ist Jesus für mich?

Laut den vorhandenen Berichten war Jesus ein Mensch mit großem Herz. Er hat Menschen in Not und am Rand der Gesellschaft die volle Aufmerksamkeit geschenkt. Seine ethische Haltung war gewaltlos und solidarisch, sein höchstes Prinzip die Liebe. Jesus verstand sich als Prophet Gottes, indem er sagte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ (Johannes 14,9) Er erzählte nicht nur von Gott, sondern sprach mit einem Anspruch, dass andere ihm Gotteslästerung vorwarfen. Mit dem Tod am Kreuz schien alles zu Ende und alle Hoffnungen zerstört. Doch nach dem Tod und der Grablegung passierte etwas Unfassbares. Nicht nur einzelne, sondern viele Menschen erlebten, dass Jesus lebt. Von ihm ist überliefert: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten.“ (Johannes 14,2). Für Jesus hat nicht der Tod das letzte Wort, sondern das Leben.

Im Evangelium dieses Sonntags stellt Jesus die Frage, wer er für sie sei. Petrus, einer der Wegbegleiter, antwortet: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Matthäus 16,16). Für mich treffen alle drei möglichen Erklärungen zu: Jesus ist ein Mensch mit großem Herz, ein Prophet Gottes und Retter aus Sünde und Tod. In dieser Kirche war es eine Nacht des Nachdenkens über Glauben, Hoffnung und Liebe. Ich möchte weiterhin mit Jesus an der Seite durchs Leben gehen. Zugleich bleibe ich ein Gottsucher, der nie am Ziel ist. Auch nach der Nacht in der Jerusalemer Grabes- und Auferstehungskirche nicht.

(Tiroler Tageszeitung, 26. August 2023)

Geistliche Worte in der Tiroler Tageszeitung im August 2023:
5. August: Wenn Himmel und Erde sich berühren
12. August: Weltjugendtag als Motor des Friedens
19. August: Über die Natur staunen
26. August: Wer ist Jesus für mich?

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