Ausbreitung des salesianischen Werkes in Italien, Frankreich und Spanien

Don Bosco 1886 in Barcelona

Wir befinden uns zu Beginn der 1860er-Jahre in Turin-Valdocco. Aus dem ärmlichen Beginn im Pinardischuppen im Jahr 1846 ist mittlerweile ein beachtliches Zentrum für bedürftige Jugendliche gewachsen. Das Oratorium des heiligen Franz von Sales in Valdocco umfasste nun ein Internat mit mehreren hundert Jugendlichen, Werkstätten, eine Schule, eine Kirche und Spielplätze. 1859 lud Don Bosco eine ausgewählte Schar seiner Jugendlichen ein, ihn in seiner Mission zu unterstützen und tat so den ersten Schritt hin zur Gründung der Salesianer. 1860 wurde Don Michele Rua als erster der jungen Salesianergeneration zum Priester geweiht und jedes Jahr traten weitere Jugendliche der Salesianischen Gesellschaft bei. Don Boscos Oratorium war über die Grenzen Turins hinaus bekannt geworden und auch der Papst schaute mit Wohlwollen auf dieses aufblühende Jugendwerk.

Don Boscos erste Werke in Italien außerhalb Turins
Der rasante Zuzug vom Land hatte in der Stadt Turin im Vergleich zu den Jahren davor abgenommen und die Stadtverwaltung investierte in dringend notwendige Infrastrukturprojekte. Es wurden viele staatliche Schulen eröffnet, um jungen Menschen Bildung zu ermöglichen. Verbunden mit diesen Entwicklungen nahmen die Besucherzahlen im Oratorium in Valdocco ab.

Durch die wachsende Zahl an Salesianern hatte Don Bosco nun die Möglichkeit, neue Werke zu eröffnen. Aufgrund des guten Netzes an Schulen im Stadtgebiet sah er keinen Bedarf, eine weitere Schule in Turin zu installieren und eine Konkurrenzsituation zu erzeugen. In Valdocco war das Kapazitätsmaximum erreicht und mit dem Bau der großen Maria-Hilf-Basilika ab dem Jahr 1863 kein weiterer Bauplatz mehr vorhanden. Don Bosco suchte also für seine Salesianer außerhalb Turins Arbeit in den angestammten Feldern Oratorium und Schule. Es kristallisierte sich schnell heraus, dass für Oratorien in den Provinz- und Kreisstädten des Piemonts zu wenig Bedarf da war, für Schulen aber sehr wohl. Vielen Städten fehlte es an Geld für Infrastruktur und geeignete Lehrkräfte waren nach der neuen und strengeren Schulreform wenige vorhanden. Don Bosco sah die Möglichkeit, sich in diesem Feld zu engagieren und bot mehreren Stadtverwaltungen an, bestehende Schulen mit angeschlossenem Internat zu übernehmen oder neue zu eröffnen. Gleichzeitig wandte er sich an Diözesanbischöfe mit dem Angebot zur Führung kleiner Seminare.

Das erste Salesianerwerk außerhalb Turins entstand 1860 in Giaveno, 20 km westlich von Turin. Dort gab es bereits ein kleines Seminar der Erzdiözese Turin, doch die Internen waren wenige und finanziell lief es schlecht. Auf Bitten des Turiner Erzbischofs Luigi Fransoni übernahm Don Bosco das Internat und die Schule. Die erste Zeit lief sie sehr gut und die Schülerzahl stieg wieder auf 240, doch die antiklerikale Presse führte Verleumdungskampagnen gegen Don Bosco und mehrere Personen aus der Diözesanleitung stellten sich gegen ihn. Nachdem sich der Konflikt nicht beruhigte und sein Unterstützer Fransoni 1862 starb, entschied sich Don Bosco, die in Giaveno tätigen Salesianer wieder nach Valdocco zurückzuholen. So nahm dieser erste Versuch außerhalb Turins ein unrühmliches Ende. Für Don Bosco blieb es eine Lehrstunde.

Seit 1860 führte Don Bosco Verhandlungen mit dem Bischof von Casale Monferrato. Das kleine Seminar dieser Diözese wurde 1848 geschlossen und so setzte der Bischof alles daran, mit Don Boscos Hilfe ein neues zu eröffnen. Vincenzo Provera, Vater des Salesianerstudenten Francesco Provera, bot Don Bosco in Mirabello (10 km von Casale entfernt) ein Stück Land inklusive einem kleinen Haus an, um dort eine weiterführende Schule zu eröffnen. Mit diesem Angebot in der Hand ging Don Bosco zum Bischof von Casale. Die Verhandlungen kamen zu einem guten Ende, 1862 konnte mit dem Bau begonnen werden und im Herbst 1863 startete der offizielle Schulbetrieb. Der schnelle Bau war nur aufgrund der großzügigen Hilfe vieler Wohltäter möglich, u. a. durch Graf Federico Callori, den Bürgermeister von Casale. Erster Direktor wurde Don Rua, der begleitet von einigen namhafte Salesianern der ersten Generation nach Mirabello ging: Francesco Provera, Giovanni Bonetti, Francesco Cerutti, Paolo Albera sowie vier Aspiranten. Für Don Bosco war dieses Ereignis genauso wichtig wie die spätere Missionsaussendung nach Argentinien. Darum verfasste er die „Vertraulichen Ratschläge an Direktoren“, die über Jahrzehnte hindurch jedem neuen Direktor ausgehändigt wurden. Die Schülerzahl betrug im ersten Jahr 100 und stieg in den folgenden Jahren auf 180. Die Schule mit angeschlossenem Internat wurde 1870 nach Borgo San Martino transferiert, weil Mirabello verkehrstechnisch schwer erreichbar war und der neue Standort über einen Bahnhof verfügte.

Eine weitere wichtige Neugründung der ersten Expansionsphase war Lanzo. Die Internatsschule in Lanzo Torinese war die erste Salesianerschule, die im Auftrag der Stadtverwaltung lief und von ihr mitfinanziert wurde. 1864 wurde der Schulbetrieb aufgenommen und der erst 24-jährige Don Domenico Ruffino wurde erster Direktor. Weil dieser im folgenden Jahr plötzlich an einer Lungenentzündung starb, kam die Schule für kurze Zeit ins Strudeln. Zu seinem Nachfolger wurde Don Giovanni Lemoyne ernannt, der spätere Privatsekretär Don Boscos und Verfasser großer Teile der Memorie Biografiche, unter dem die Schule in den Folgejahren aufblühte. Don Bosco kam sehr gern nach Lanzo und sah in dieser Schule ein Modellprojekt für die Zusammenarbeit mit Städten. Lanzo war für viele Jahre Ort der jährlichen Exerzitien der Salesianer und Don Bosco selbst verbrachte aufgrund des angenehmen Klimas die Sommermonate sehr gerne in Lanzo.

Schulgesetzgebung in Italien im 19. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert kam es in Italien zu großen Umwälzungen im Schulwesen, in dessen Kontext sich auch Don Bosco bewegte und handelte. In den 1820er-Jahren war das piemontesische Schulsystem sehr unterentwickelt. In vielen Kommunen gab es nicht einmal eine Grundschule, die Gesamtadministration war schlecht und Bildung war vollkommen in Kirchenhand. In Turin besuchten 1825 bei 130.000 Einwohnern 850 Jungen und kein einziges Mädchen die Grundschule. 1842 gab es in 328 der 1.752 Gemeinden des Savoyerreichs immer noch keine Grundschule.

Erst unter König Carlo Alberto, für den die öffentliche Bildung ein zentrales Anliegen war, kam es zu großen Fortschritten. Der Pestalozzi-Schüler Don Ferrante Aporti bot in Methodenschulen spezielle Lehrerkurse an. Ab dem Boncompagni-Gesetz von 1848 war es für alle Lehrer verpflichtend, ein Zertifikat zu erwerben. Nicht ausgenommen waren Priester, die damals die große Mehrheit des Lehrkörpers bildeten. Es wurde ein Ministerium für Bildung geschaffen und das Schulsystem grundlegend verändert. Öffentliche Erziehung wurde als säkulare Aufgabe definiert und damit der kirchlichen Hoheit entzogen. Daraus folgte die Aufhebung aller Kirchenprivilegien auf diesem Gebiet. Minister Carlo Boncompagni meinte, dass er sich damit sehr wohl gegen die Kirche, nicht aber gegen die Religion wende. Die neue Schulgesetzgebung beinhaltete alle Stufen vom Kindergarten bis zur Universität. In diese Zeit fällt auch der Verweis der Jesuiten aus dem Königreich, weil sie als reaktionär zur liberalen Bewegung galten. Im Lehrkörper kam es zu einem rasanten Umbruch. Waren 1854 unter den 5.765 Lehrpersonen noch 3.021 Priester, so ging deren Zahl im Laufe weniger Jahrzehnte gegen Null zurück. Katholische Laien und mehrere Bischöfe opponierten vehement gegen die neuen Gesetze, weil die Rechte der Kirche stark beschnitten wurden. Ein Dorn im Auge war den Bischöfen, dass auch die Seminarien als Bildungseinrichtungen unter staatlicher Kontrolle stehen sollten. Der Keil zwischen Staat und Kirche bohrte sich immer tiefer hinein, besonders gefördert durch Gesetze in den Jahren 1850 und 1855 zur Beschneidung kirchlicher Privilegien und zur Unterdrückung von Ordensgemeinschaften und Konfiszierung kirchlicher Güter.

1859 kam es unter Gabrio Casati, dem Minister für Bildung, zu einer Neuordnung des Schulgesetzes, die auf den Boncompagni-Gesetzen aufbaute, aber nach zehnjährigem experimentellem Betrieb manches neu festlegte und das Gesetz insgesamt systematisierte. Nun war jedes Dorf mit mehr als 4.000 Einwohner bzw. mehr als 50 Kindern verpflichtet, eine Grundschule mit mindestens drei Schulstufen zu führen. Private Schulen bekamen einen festen Platz im Gesetz. Jeder, der über 25 Jahre alt war, konnte eine Schule eröffnen. Obligat waren Zertifikate aller Lehrer, gleiche Lehrpläne und die Offenheit für Kontrollen der Schulaufsicht.

Die Schule als bevorzugtes Arbeitsfeld Don Boscos
Don Bosco erlebte in seiner Kindheit am eigenen Leib, was es bedeutete, nicht zur Schule gehen zu können. In seinem Engagement für Jugendliche nahm daher Bildung immer eine zentrale Rolle ein. In Zeiten des Wanderoratoriums bot er Abendschulen für junge Arbeiter an, die zum Teil nicht einmal Lesen und Schreiben konnten. Ab 1847 gingen Jugendliche, die in Valdocco im Internat wohnten, in die Stadt zu befreundeten Privatlehrern in den Unterricht und 1855 eröffnete Don Bosco im Oratorium in Valdocco eine eigene Sekundarstufe.

In den Auseinandersetzungen zwischen den Bischöfen und der Regierung war Don Bosco auf der Seite der Bischöfe, der typischen Position eines konservativen Katholiken. Nach der Ekklesiologie der damaligen Zeit war die Kirche Herrscherin über Doktrin und Disziplin. Es fiel ihr schwer, zwischen dem Inhalt der Offenbarungslehre und dem konkreten Ausdruck der Kirche in der Geschichte zu unterscheiden. Wie reagierte Don Bosco auf diese Veränderungen? Er sah es für wichtig an, weiterhin katholische Privatschulen zu führen. Nach den Boncompagni-Gesetzen 1848 besuchte er selbst immer wieder Vorlesungen an der Universität in dem Wissen, dass in Zukunft Lehrerzertifikate Pflicht sein würden.

Die Schule im Oratorium in Valdocco war für Don Bosco Modell für seine weiteren Schulen. Er schickte von Anfang an einige seiner jungen Kleriker an die Universität, um dort die staatliche Lehrerausbildung zu absolvieren. Schon während ihrer Ausbildungszeit waren sie die tragenden Säulen der Oratoriumsschule, z. B. Giovanni Francesia, der als 18-Jähriger Domenico Savio und anderen Jugendlichen Unterricht gab. Die Casati-Gesetze ab 1860 erforderten eine Professionalisierung und bessere Organisation der Schule in Valdocco, deren Schülerstand sich auf 318 belief. 1862 beantragte Don Bosco die staatliche Anerkennung, doch das Verfahren gestaltete sich schwierig, weil Lehrerzertifikate fehlten: Zwei hatten es, einer ein abgelaufenes und vier waren noch in der Lehrerausbildung. Don Bosco wollte trotzdem die Anerkennung erhalten und begründete eine Ausnahmeregelung damit, dass er eine spezielle Schule für die Zielgruppe der armen Jugend führe. 1863 kam es zu umfangreichen Kontrollen im Oratorium und Don Bosco sprach persönlich beim Minister vor. Die Schule in Valdocco erhielt eine zeitliche Erlaubnis und erlebte ruhige Zeiten und eine stetige Weiterentwicklung bis 1878, als es zu neuen Angriffen gegen die Schule kam, weil sich das Verhältnis von Staat und Kirche drastisch verschlechtert hatte.

Don Bosco handelte religiös motiviert, pragmatisch den historischen Umständen gegenüber und äußerst kreativ.

Die Ausbreitung des Jugendwerks Don Boscos erfolgte vorwiegend über Schulgründungen mit Stadtverwaltungen oder Diözesen als Partner. In einer Zeit, in der die Bevölkerungsmehrheit nur über eine Grundschulbildung verfügte, eröffneten diese weiterführenden Schulen neue Bildungsmöglichkeiten. Die Mehrheit der Schüler stammte aus Familien der Mittelschicht, die ihren Kindern eine bessere Schulbildung als ihre eigene bieten wollten. Ein Teil der Schüler strebte einen geistlichen Beruf an. Don Boscos Schulen hatten jeweils Internate angeschlossen, die an die große Internatstradition der Jesuiten im 16. und 17. Jahrhundert erinnerte. Die pädagogische Beziehung zwischen Lehrer und Schüler bzw. Erzieher und zu Erziehendem profitierte von den erweiterten Möglichkeiten an den Internatsschulen und Don Bosco förderte diesen Schultyp so gut er konnte, um sein oberstes Ziel zu erreichen: die Formung der Schüler zu „ehrenwerten Staatsbürgern und guten Christen“.

Abwendung Don Boscos von der Zielgruppe der armen und verlassenen Jugend?
In der Zeit des Wanderoratoriums und der Aufbauarbeit in Valdocco kamen Jugendliche ins Oratorium, die Don Bosco als „arm und verlassen“ charakterisierte. Seine ursprüngliche Zielgruppe und seine Prinzipien vergaß er in dieser Zeit der Expansion nicht, sondern erweiterte sie. Don Bosco wollte nie Schulbildung für Reiche anbieten, sondern betonte, dass die Mittelschicht und die Armen seine Zielgruppe seien, wie sich auch an seinem Widerstand gegenüber einer Übernahme der Schule in Valsalice zeigte. Sicherlich hatte er den Rat Papst Pius IX. im Ohr, den er 1869 in einer Konferenz den Salesianern weitergab: „Arbeite immer für die Kinder der Armen und vergiss nie dieses ursprüngliche Ziel. Erziehe arme Jungen, öffne keine Internatsschulen für Reiche und Adelige. So lange du deine Kräfte für arme Jungen und Waisen einsetzt, immer verbunden mit dem Ziel der Förderung priesterlicher Berufungen, wird deine Kongregation Früchte bringen.“

In den Provinzstädten, in denen salesianische Schulen eröffnet wurden, gab es in den 1860er- und 1870-Jahren sehr wenige Schüler, die unter die Kategorie „arm und verlassen“ fielen. Doch es war bis dahin für Kinder, deren Eltern in der Landwirtschaft, in der lokalen Verwaltung oder im Handel arbeiteten, unmöglich, mehr Schulbildung als die Grundschule zu erhalten. Das war bisher den wohlhabenden Familien vorbehalten. Don Bosco richtete seine Schulen bevorzugt an Jugendliche der Mittelschicht, die normalerweise Schulgeld bezahlten. Zusätzlich gab es aber immer Plätze für Kinder aus armen Familien, denen das Schulgeld reduziert oder vollständig erlassen wurde. Jugendliche, die den Wunsch zu einem geistlichen Beruf äußerten, wurden bei der Aufnahme bevorzugt behandelt.

Weitere Gründungen in Italien
Ab Mitte der 1860er-Jahre – die Salesianische Kongregation hatte 1864 mit dem „Decretum laudis“ eine erste päpstliche Anerkennung erhalten – breitete sich das Jugendwerk Don Boscos rasant aus. Die Salesianer ließen sich bis 1872 u. a. in Trofarello, Cherasco, Alassio, Varazze, Marassi und Sampierdarena nieder. Ohne Ausnahme waren Schulen die Hauptaufgabe der Salesianer, wobei das Haus in Trofarello auf Wunsch Don Boscos sehr bald in ein Exerzitienhaus umgewandelt wurde. Befanden sich die bisherigen Gründungen noch alle in Piemont und Ligurien, wurden ab 1875 auch Werke darüber hinaus eröffnet. Beispiele dafür sind Este (1878), Randazzo (1879) und Rom (1880), wo Don Bosco nach mehreren gescheiterten Versuchen den Weiterbau der Herz-Jesu-Kirche übernahm und die ersten Salesianer permanent nach Rom sandte. Weitere bedeutende italienische Gründungen zu Lebzeiten Don Boscos waren in Florenz (1881), Mogliano Veneto (1882), Catania (1885) und Trient (1887).

Die schweren Anfänge in Frankreich
Don Bosco hatte ein besonderes Naheverhältnis zu Frankreich. Er sprach gut Französisch und war mit verschiedenen Personen im Briefkontakt. Ab 1875 besuchte Don Bosco Frankreich jedes Jahr. In den ersten Jahren reiste er in den Süden, wo es schon mehrere Salesianerhäuser (Nizza, La Navarre, Marsaille) und eine beträchtliche Zahl an Salesianischen MitarbeiterInnen und Wohltätern gab. Erwähnenswert ist, dass Don Bosco 1877 seine Abhandlung über das Präventivsystem zur Eröffnung des Waisenhauses in Nizza schrieb. Damit wollte er das Engagement der Salesianer im sehr antikirchlich gestimmten Frankreich begründen. 1883 besuchte er Nordfrankreich und bald darauf wurden Häuser in Paris und Lille eröffnet. Mehrere Wohltäter aus Frankreich unterstützten das Jugendwerk sehr großzügig und ermöglichten Neugründungen in Frankreich und Italien, insbesondere den Bau der Herz-Jesu-Kirche in Rom.

Erste Gründungen in Spanien
Wie in Frankreich leisteten auch in Spanien Wohltäter einen entscheidenden Beitrag zur Ankunft der Salesianer. 1879 erhielt Don Bosco einen Brief vom Bischof von Sevilla. Dieser bat ihn, in Utrera eine Schule für arme Jugendliche zu eröffnen und versicherte die großzügige Unterstützung durch Wohltäter. Nach erfolgreichen Vertragsverhandlungen durch Don Giovanni Cagliero kamen bereits 1881 die ersten sechs Salesianer nach Utrera und bauten eine Internatsschule auf.

Auch aus Barcelona erhielt Don Bosco ein Gesuch für ein Engagement der Salesianer. Die wohlhabende Witwe Dorotea Chopitea insistierte mehrmals in Turin und sogar beim Papst. Don Bosco sandte wieder Don Cagliero für Verhandlungen nach Spanien und bereits 1884 öffneten die Salesianer in Sarriá bei Barcelona Werkstätten zur Berufsausbildung.

Treue und Innovation
Bei genauer Betrachtung der Ausbreitung des salesianischen Werkes fällt auf, dass sie über die Gründung vieler Schulen erfolgte und nicht, wie man vielleicht meinen könnte, über Oratorien als dem originären Ansatz des jungen Priesters Don Bosco. Die Entscheidung für Schulen fiel einerseits ganz pragmatisch, weil ein großer Bedarf an Schulen da war. Andererseits setzte Don Bosco bewusst auf christlich inspirierte Schulbildung als Kontrapunkt zur voranschreitenden Säkularisierung. Er nahm die Aufhebung von Kirchenprivilegien hin und schöpfte gleichzeitig alle rechtlichen Möglichkeiten aus, um am Aufbau des Reiches Gottes mitzuarbeiten. Don Bosco erkannte die Nöte der damaligen Zeit sehr gut und reagierte darauf. Er sandte schon früh junge Kleriker an die Universität zur Lehrerausbildung und legte damit die Grundlage für das Engagement im Schulwesen. Er handelte religiös motiviert, pragmatisch den historischen Umständen gegenüber und äußerst kreativ.

Trotz der historischen Verankerung des Handelns Don Boscos lassen sich salesianische Handlungsprinzipien ableiten, die im 21. Jahrhundert ebenso wirksam und gültig sind. „Ehrenwerte Staatsbürger und gute Christen“ war das Ziel in den salesianischen Schulen. Auch heute gilt es Jugendliche integral zu bilden, sie zu aktiven, sozialen Bürgern der heutigen Gesellschaft zu erziehen und auf ihre großen Fragen des Lebens Antworten zu geben, die wir im christlichen Glauben finden. Auch die Zielgruppe salesianischen Engagements war für Don Bosco klar. Kriterium war die Armut und Benachteiligung junger Menschen, wobei – Arthur Lenti betont es ebenfalls – Don Bosco den Armutsbegriff über die rein materielle Dimension hinaus erweiterte. Salesianische Jugendwerke sind Orte der Bildung, denn nur so kann Armut nachhaltig überwunden werden. [1]

[1] Vgl. Expansion of the Salesian Work in Turin, Piedmont and Liguria (1863 – 1875), in: Lenti, Don Bosco history and spirit, Bd. 5, Kap. 2, S. 46-81; Foundation and Early Development of the Salesian Work in France, Italy and Spain (1875-1888), in: ebd., Kap. 8, S. 359-382

(Erschienen in Bernhard MAIER, Maria MAUL (Hg.), Don Bosco in seiner Zeit. Junge Menschen heute begleiten, S. 226-232, München 2013; Bild: Don Bosco 1886 in Barcelona)