Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
So vieles im Leben ist ein Geschenk: Die Familie, in die wir hineingeboren sind, der Ort, wo wir aufwachsen dürfen, die Bildungsmöglichkeiten, die wir haben, das friedvolle Land, in dem wir leben dürfen, die Freundinnen und Freunde, die mit uns durchs Leben gehen.
Viel zu leicht passiert es, dass wir etwas als selbstverständlich annehmen und vergessen, dass es ein Geschenk ist. Ganz deutlich war das für mich, als ich vor mittlerweile 11 Jahren aus meinem Volontariatsjahr in Mexiko nach Hause zurückgekommen bin. Ein guter Schluck Leitungswasser war ein Traum, nachdem wir dort das ganze Jahr über gefiltertes Wasser trinken mussten.
Das Erntedankfest ist so eine Möglichkeit, um für Alltägliches und Unscheinbares Danke zu sagen. Viel zu leicht passiert es, dass wir den Personen, die uns am nächsten stehen, nie ein Danke sagen. Mir ist das in meinem Noviziatsjahr bewusst geworden, als ich viel über meinen Lebensweg nachgedacht habe. Meine Eltern haben so viel für mich und meine Brüder getan, damit wir uns entfalten konnten. Sie haben uns Hilfsbereitschaft, Liebenswürdigkeit und Gottvertrauen vorgelebt.
Es passiert uns allen ziemlich schnell, dass wir über Kleinigkeiten meckern oder unzufrieden werden. Wenn in uns die Dankbarkeit wächst und wir vieles nicht als selbstverständlich annehmen, dann relativiert sich einiges; dann wächst in unserem Herzen eine Gelassenheit; dann werde ich zu einem Menschen mit einem dankbaren Herzen.
Drei Ideen dazu:
(1) Ich habe mir angewöhnt, mir am Abend bewusst Zeit für einen Tagesrückblick zu nehmen. Jemand hat einmal gesagt, das ist wie die persönliche „Zeit im Bild“. Dann lasse ich meinen Tag wie einen Film vor meinem inneren Auge vorbeilaufen und überlege mir: Was ist heute passiert? Was waren die Highlights? Was ist offengeblieben? Für was bin ich besonders dankbar? Mir hilft das, bewusster auf meinen Alltag zu schauen und auch dankbar für kleine Dinge zu sein, zum Beispiel, dass ich ein gutes Gespräch mit einem Obdachlosen hatte oder mir eine unbekannte Person in der U-Bahn ein Lächeln geschenkt hat.
(2) Eine andere Idee ist, jemanden mit meinem Dank zu überraschen. Geburtstage oder Mutter- und Vatertag sind beliebte Tage, um jemandem Danke zu sagen. Aber wie wäre es, wenn ich jemandem mit meinem Dank überrasche? Einfach ohne einen bestimmten Anlass Danke sagen, für das, was mir diese Person wert ist und für mich tut? So drücke ich meine Wertschätzung aus. Wir kennen es ja aus eigener Erfahrung: Auch ich lasse mich gerne von einem spontanen Dank überraschen. Wir brauchen so eine Kultur der Wertschätzung und der Dankbarkeit untereinander.
(3) Das dritte ist der Sonntag, der Tag der Danksagung. Schon in der Schöpfungsgeschichte ruht Gott nach sechs Tagen Arbeit am siebten Tag, das ist unser Sonntag. Der Sonntag ist zum Glück für die allermeisten ein arbeitsfreier Tag, ein Tag der Familie, ein Tag der Dankbarkeit. Am Sonntag feiern wir Christen die Auferstehung Jesu, indem wir in der Messe das Brot brechen und miteinander teilen, wie es Jesus uns aufgetragen hat. Diese Feier hat passend dazu den Namen „Eucharistie“ bekommen, übersetzt „Danksagung“. Die Messe am Sonntag ist unsere große Danksagung: Wir singen und beten gemeinsam, wir schauen dankbar zurück auf die vergangene Woche und bitten Gott in unseren Anliegen. Der Sonntag ist eine super Möglichkeit, um dankbar zu sein.
Das sind drei Möglichkeiten die mir eingefallen sind, damit die Dankbarkeit wachsen kann. Ganz kurz möchte ich noch etwas zu meinem Primizspruch sagen, es ist ein Satz aus Psalm 100: „Dient dem Herrn mit Freude“. Dieser Satz ist in den letzten Jahren zu meiner Lieblingsbibelstelle geworden, zu meiner Kurzfassung des Evangeliums und zu meinem Lebensprogramm. Bei meiner Primiz in meinem Heimatort Thüringerberg hat der Bürgermeister mehrmals erwähnt, wie gut ihm dieser Satz gefällt und dass er das „In Freude dienen“ in seine Aufgabe als Bürgermeister hineinnehmen will. Vielleicht kann dieser Satz zu eurem und Ihrem Wegbegleiter im Alltag werden: „Dient dem Herrn mit Freude“. Amen.
(Erntedank und Nachprimiz in der Pfarre Neuerdberg, 7.10.2018, Fotocredit: Karl Grohmann)