Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Fast jeder hat ein Smartphone. Damit schicke ich innerhalb von Sekundenbruchteilen eine Nachricht ans andere Ende der Welt oder telefoniere mit jemandem. Schon Dreijährige können wie Profis über den Bildschirm wischen und oft erklären Kinder den Erwachsenen, was mit einem Smartphone alles möglich ist. Ein Smartphone ist wie ein kleiner Computer, der in die Hosentasche passt.
Warum erzähle ich das? Die Hauptaufgabe des Smartphones ist Kommunikation. Ich möchte heute an einen Kommunikationspartner erinnern, der in keinem Telefonbuch steht. Eine schnelle Kontaktaufnahme ist immer möglich, ohne moderne Technik, kostenlos und ohne Funklöcher, wie es sie in den Bergen manchmal gibt. Dieser Kommunikationspartner ist Gott.
In allen Religionen und Kulturen nennt man die Kommunikation mit ihm Gebet. Gebet kann vieles bedeuten: bitten, flehen, klagen, danken, loben oder singen. Ich kann es auf verschiedene Weisen tun: dankend oder staunend, verzweifelt oder voller Hoffnung, hinausschreiend oder hörend.
In beiden Bibelstellen von heute ist das Gebet zentral. Die ganze Bibel erzählt von Erfahrungen, die das auserwählte Volk oder einzelne Menschen mit ihrem Gott gemacht haben. Heute in der Lesung ist es um Sodom und Gomorra gegangen, das sprichwörtlich für Unrecht und Chaos steht. Abraham fleht in seinem Gebet zu Gott, damit er die Stadt nicht zerstöre, wenn es einige Gerechte gibt. Im Evangelium haben wir die Kurzfassung des Vater unser (vgl. Matthäus 6,9-13) gehört: “Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen! Und erlass uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung!” (Lukas 11,2-4) Im heutigen Evangelium hat es auch geheißen: “Wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.” (Lukas 11,10)
Doch was ist Gebet? Im Religionsunterricht erkläre ich Gebet als Kommunikation mit Gott. In jeder Beziehung mit einem anderen Menschen braucht es viel Kommunikation. Nur so kann das Vertrauen wachsen. Oft reden wir im Alltag viel zu viel über eine Person, anstatt mit ihr. Das Über-jemanden-Reden hat oft negative Auswirkungen und sorgt für Streit. Nur wenn ich mit dieser Person rede, lerne ich sie besser kennen. Ich lerne, was ihr wichtig ist und wie sie denkt und handelt. Genauso ist es auch mit Gott. Nur wenn ich mit Gott rede, also bete, lerne ich ihn besser kennen.
Gebet ist nichts Kompliziertes. Ich mache am Morgen ein Kreuzzeichen, um mich unter Gottes Schutz zu stellen. Ich denke tagsüber immer wieder an ihn und spreche ein kurzes Stoßgebet mit einem bestimmten Anliegen. Ich danke Gott am Abend für das Erlebte an diesem Tag. Kommunikation mit einem lieben Menschen – oder mit Gott – ist nie lästige Pflichterfüllung, sondern etwas Schönes.
Eine Frage kommt in diesem Zusammenhang oft: Bewirkt Beten überhaupt etwas? Gerade wenn ich die Erfahrung von scheinbar unerfüllten Gebeten mache, kommt diese Frage. Ja, es bleibt ein Geheimnis, ob und wann Gott mein Gebet erfüllt. Mir fällt da das Gebet von Jesus am Ölberg ein. Er ist in größter Angst, denn er weiß um sein nahes Leiden. Er betet: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.” (Lukas 22,42) Oft meinen wir, in unseren Gebeten Gott vorschreiben zu müssen, was er tun soll. Doch Gott ist nicht wie ein Kaugummiautomat, aus dem nach einem Knopfdruck genau das herauskommt, was ich gerade will.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es im Leben anders gekommen ist, als ich es mir vorgestellt und von Gott erbeten habe. Erst im Rückblick habe ich den Sinn mancher Lebensereignisse verstanden. Gott ist gut und will das Beste für jeden von uns. In diesem Vertrauen beten wir in jedem Vater unser: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden“ (vgl. Matthäus 6,10).
Ich habe heute über das Gebet gesprochen. (1) Gebet ist Kommunikation. (2) Durch das Gebet lernen wir Gott besser kennen. (3) Gebet ist vielfältig: bitten, flehen, klagen, danken, loben, preisen oder singen. (4) Gebet heißt mit jemandem reden und nicht über jemanden. (5) Gebet bewirkt nicht genau das, was ich gerade will.
Heute auf der Alpe beten wir besonders für alle Tiere und Menschen, die hier heroben sind. Wir beten um gutes Miteinander, um unfallfreies Arbeiten und um gedeihliches Wetter. Gott möge alle hier auf der Alpe Sentum segnen und beschützen. Amen.
(17. Sonntag im Jahreskreis C, 28.7.2019, Alpe Sentum, verwendete Stellen aus der Heiligen Schrift: Genesis 18,20-32 und Lukas 11,1-13; Foto: pixabay.com-Pexels CC0)