Die 40-tägige Vorbereitungszeit auf das Osterfest ist eine Einladung, bewusst auf das eigene Leben zu schauen und mich neu auszurichten. Jesus nennt das „Umkehr“. Es gibt im Leben Bereiche, in denen ich hinter dem eigenen Wunsch oder dem Traum Gottes für mein Leben zurückbleibe. Mit drei mathematischen Symbolen will ich Anregungen dafür geben:
(1) Rechenzeichen „Minus“: Das Minus steht dafür, dass etwas weniger wird und das ist bei vielem schlecht, z.B. beim Geld am Bankkonto oder bei der Raumtemperatur im Winter. Die Fastenzeit, in der wir uns befinden, wird oft mit einem Minus in Verbindung gebracht: Einer verzichtet in diesen 40 Tagen auf Süßes, eine auf Kaffee, einer auf Alkohol. Manche Menschen verzichten aus Umweltgründen bewusst auf einen Teil der Autofahrten und fahren mit dem Zug. Familien verzichten auf ein Zweitauto und nützen Carsharing. Manche essen weniger Fleisch oder Fast Food, ihrer Gesundheit zuliebe. Menschen legen zu bestimmten Zeiten das Smartphone auf die Seite, um Zeit für Gespräche oder ein gutes Buch zu haben. Da stellt sich die Frage: Ist ein „Weniger“, also das Minus, immer schlecht oder kann es auch etwas Gutes haben?
Ja, bei manchen Dingen ist das Minus wirklich schlecht, z.B. beim eigenen Bankkonto. Aber das Minus kann auch gute Seiten haben. Denn wir alle haben Gewohnheiten oder Verhaltensweisen, die mir selber, den Mitmenschen oder der Natur nicht gut tun. Die Fastenzeit ist eine Einladung, das „Weniger“ in bestimmten Bereichen auszuprobieren und dann zu merken: „Das tut gut!“ Aus dem „Weniger“ soll ein „Mehr“ an Lebensqualität und Lebensglück werden.
(2) Rechenzeichen „Plus“: Ein Plus bedeutet, dass zu etwas bestehendem etwas dazukommt: mehr Geld, mehr Freunde, mehr Wissen, mehr Zufriedenheit, mehr Zeit. Von solch wichtigen Dingen haben wir alle gerne mehr. Die Fastenzeit ist eine Einladung, über mein Leben nachzudenken: Was gehört für mich zu einem guten Leben? Was könnte so ein „Mehr“ in meinem Leben sein? In welchen Bereichen würde ich mir ein „Mehr“ wünschen?
Das Plus dürfen wir – wenn es nicht ums Geld geht –nicht nur zahlenmäßig sehen. Nehmen wir das Beispiel Freundschaften. Da geht es nicht um die Anzahl, z.B. elf zusätzliche Freundinnen oder Freunde auf Social Media. Sondern es geht um die Qualität, um das Vertrauen, um die Unterstützung in allen Lebenssituationen. Das „Mehr“ meint also, in der Freundschaft zu wachsen, Zeit füreinander zu haben für das Gespräch und gemeinsame Erlebnisse.
(3) Rechenzeichen „Mal“: Das Leben ist wie ein Weg und das Leben ist immer auch Wachstum. In fünf Jahren haben wir alle mehr Lebenserfahrung, mehr Wissen und einen weiteren Blick, denn wir lernen ständig. Mit dem Plus von vorher wächst etwas langsam und in kleinen Schritten. Wenn wir die Multiplikation hernehmen, da wächst etwas extrem schnell. Von sehr wenig, wird es schnell sehr viel. Als Beispiel fällt mir TikTok ein: Manche Videos gehen dort viral und innerhalb von Stunden haben es Millionen oder gar Milliarden gesehen. In unserer vernetzten Welt verbreitet sich etwas unglaublich schnell – dafür steht das Mal!
Bei Jesus hat es mehrmals eine Multiplikation gegeben. Er hat Brote auf wundersame Weise vermehrt und alle wurden satt. Seine Botschaft der Liebe war so stark, dass die Zahl jener, die nach seinem Vorbild leben wollten, schnell anwuchs. Bis heute sind es Milliarden Menschen, die sich auf die Botschaft der Liebe des Jesus von Nazareth berufen. Mein Wunsch ist es, dass sich das Gute in der Welt schnell verbreitet wie eine Multiplikation: Liebe, Respekt, Rücksichtnahme, Vergebung, Hilfsbereitschaft und Lebensfreude.
(Verfasst für die Fastenzeit 2023)